Folge 29 - das ende der eulen (Hans Magnus Enzensberger)
Lyrikschule - Un pódcast de Johannes Thiele
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Der heutige Text thematisiert den Kalten Krieg aus einer ungewohnten Perspektive: Mit Blick auf die Natur. Auch wenn er in einer politisch vergangenen Periode geschrieben wurde, ist dieser Text nichtsdestotrotz aktuell und übertragbar auf unsere Gegenwart. Hans Magnus Enzensberger[1]: das ende der eulen (1960) ich spreche von euerm nicht, ich spreche vom ende der eulen, ich spreche von butt und wal, in ihrem dunkeln haus. dem siebenfältigen meer, von den gletschern, sie werden kalben[2]zu früh, rab und taube, gefiederten zeugen von allem was lebt in den lüften und wäldern, und den flechten im kies vom weglosen selbst, und vom grauen moor und leeren gebirgen. auf radarschirmen leuchtend zum letzten mal, ausgewertet auf meldetischen[3], von antennen tödlich befingert floridas sümpfe und das sibirische eis, tier und schilf und schiefer erwürgt von warnketten, umzingelt vom letzten manöver, arglos unter schwebenden feuerglocken[4], im ticken des ernstfalls. wir sind schon vergessen, sorgt euch nicht um die waisen, aus dem sinn schlagt euch die mündelsichern[5]gefühle. den ruhm, die rostfreien psalmen[6]. ich spreche nicht mehr von euch, planern der spurlosen tat, und von mir nicht, und keinem. ich spreche von dem was nicht spricht, von den sprachlosen zeugen, von ottern und robben, von den alten eulen der erde. [1]Enzensberger wurde 1929 geboren. Er ist Publizist, Dichter, Übersetzer und politisch engagierter Essayist. [2]‚Kalben‘ bezeichnet das Abbrechen größerer Eismassen von im Meer endenden Gletschern [3]Meldetische = Verweist auf militärische Operationszentralen [4]Feuerglocke = Atompilz [5]Mündelsicher = Für die Zukunft abgesichert [6]Psalm = Religiöse Textform